Pflegebedürftige in der eigenen Wohnung zu pflegen, ist der Kern der Arbeit. Das professionelle Team verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich der ambulanten Intensivpflege.
Elf Alpenüberquerungen schaffte er, sein Mountainbike war mehr als nur ein Hobby. Es schaffte einen Ausgleich zum Berufsalltag, war Verbindungsglied zwischen ihm und der Natur und den Bergen die er so liebte. Es war … Heute hängt sein Fahrrad wie ein Kunstgegenstand über dem Sofa. Ein stummer Zeuge schöner Tage aus ei- ner früheren Welt. Sein ehemaliger Fahrer Günter Ritz sitzt selten darunter, die meiste Zeit des Tages liegt er nebenan in seinem Krankenzimmer. Die Wand über dem Kopfende des Krankenbettes zieren Bilder. Fotografien, die einen dynamischen, sportlichen Mann zeigen. Belege, die an eine aktive Phase seines Leben erinnern.
Patienten wie Günter Ritz mit chronischem apallischen Syndrom, auch Wachkoma genannt, sind üblicherweise in Langzeitpflegeeinrichtungen untergebracht, oder sie werden, wenn das Engagement und die organisatorischen Möglichkeiten von Seiten der Angehörigen gegeben sind und sich ein guter Intensivpflegedienst findet, zu Hause in der Familie versorgt. Der Zustand Wachkoma, auch apallischer Zustand genannt, leitet sich ab aus dem lateinischen „apallium“ (ohne Mantel, ohne Großhirnrinde) und soll sagen das der, für unser Mensch sein alles ausmachende, Großhirnbereich aufgrund ei- ner Schädigung auf Dauer nicht mehr funktionsfähig ist. Für Anita Ritz, gelernte Kinderkrankenschwester war immer klar: „Ich hole meinen Mann nach Hause!“ Seit 43 Jahren ist das Paar ein Team mit einer ganz star- ken Verbindung. Es war im Januar 2015, da habe ihr Mann plötzlich über Kopfschmerzen geklagt, nach zwei Tagen fuhren sie in die Klinik. Ein Abszess im Gehirn lautete die Diagnose. Operationen folgten und nach ihnen in schneller Folge schwere Komplikationen. An seinem 60. Geburtstag fiel er ins Koma. „Du bist die Liebe meines Lebens.“ Das sei sein letzter Satz gewesen. Für Anita Ritz Botschaft und Auftrag in einem. Hermine Moser, Leiterin des Pflegedienstes, betreute den Patienten von Anfang an. Und nun im häuslichen Umfeld, da jeder Patient frei wählen könne, wo er betreut wird. „Wir geben nie auf“, das sei immer ihr Leitspruch gewesen, so die Angehörige.
Unterdessen war sie mit ihrem kranken Mann schon zwei Mal im Allgäu, in Obersdorf. Jeweils eine ganze Woche. Mit im Urlaub dabei die examinierten Pflegekräfte. Wenn man so eng mit einander arbeitet und lebt muss die Chemie stimmen. Erst einmal habe es nicht so gut gepasst mit einer Pflegerin, gesteht die Frau des Patienten. Doch das könne man alles mit dem Team besprechen. Der Intensivpflegedienst habe dann eine andere Fachkraft geschickt. Das Mitbestimmungsrecht der Angehörigen ist ein Baustein des Dienstes durch den die Patienten eins zu eins, 24 Stunden am Tag versorgt werden. Hinter Hermine Moser steht der kaufmännische Kopf des Unternehmens, ihr Sohn Ralph. „Intensivpflege definiert sich als die Unterstützung, Übernahme und Wiederherstellung der Aktivitäten des Patienten“, betont Ralph Moser. Sei die Atmung gefährdet, so müsse im Zweifelsfall eingegriffen werden. Ständige Beobachtung sei notwendig. Wachkoma sei eine mögliche Erkrankungsform, leider gebe es noch viele weitere die das zwingend erfordern.
Schichtwechsel. Nach ihrem Dienst geht die Schwester. Lothar Schreier betritt das Zimmer. Er legt seine Hand ruhig auf die Schulter des Patienten und sucht den Blick- kontakt. „Berührungen lösen Gefühle aus. Jede Berührung ist Information“, erklärt er. So könne er lernen sich angesprochen zu fühlen, könne Vertrauen gewinnen, letzt- endlich entspannen. Wenn Kommunikation verbal mit dem Patienten nicht mehr möglich ist, suchen Angehörige und Pfleger andere Wege, um die Nähe zu ihm herzustellen. Lothar Schreier ist seit 35 Jahren als examinierter Krankenpfleger tätig. Er nutzt die Körpersprache und seine Intuition. Er spüre mit seinen Händen ob der Patient entspannt sei oder eben nicht.
Auf die einfühlsame Stimme seiner Frau reagiere Günter Ritz mit Wohl- befinden und das könne man, so Schreier in seinem Gesicht ablesen. Die Persönlichkeit von Wachkomapatienten könne, da ist sich das Fachpersonal einig, durch einen körpernahen Dialog mit vertrauten Menschen aktiviert werden. „Pflege von Menschen im Wachkoma ist Rehabilitation“, erklärt Hermine Moser. Die Diplom Pflegewirtin (FH) hat die Gesamtleitung der Pflegedienste und betont: „Unser pflegerisches Handeln ist genau darauf ausgerichtet.“ Wenn das Pflegepersonal im häuslichen Umfeld auf eben diese Weise Kontakt aufnimmt, so geschieht das mit Wertschätzung und Einfühlung. Es ist echt. Das Ziel ist stets die Nähe. Möglich wird dieses Arbeiten auch durch die spezielle Diensteinteilung. Eine examinierte Fachkraft betreut nur einen Patienten. Das sieht in einem Pflegeheim ganz anders aus. Hier könne man sich ganz dem Patienten widmen.